Brevitas: Hefte

Vormoderne Kleinepik basiert auf Bruch- und Fundstücken aus einem Repertoire mobiler sprachlicher Formeln und mentaler Vorstellungen: Motivische Schemata, argumentative Topoi, konsensstiftende Spruchformen und Exempel oder performative Sprechakte und Gesten erscheinen als modulare Einheiten, als Varianten wiedererkennbarer Typen zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Formaten, Überlieferungs- und Diskurszusammenhängen. Sie bilden narrative und ikonische Gefüge aus, die sich als „temporal communities“ beschreiben lassen.

Die Beiträge des Bandes machen dieses offene Konzept textueller „temporal communities“ produktiv, um die Metamorphosen und Reisen solch kompakter Bausteine – wie (Zauber- und Segens-)Sprüche, Motive, Figurationen und Handlungsschemata – durch Zeiten und Formate zu verfolgen.

 
Der vorliegende Sammelband beleuchtet Konzeptionen, Darstellungsformen und Deutungsmuster des poetischen Endes im Feld mittelalterlicher Kleinepik. Das Ende ist eine kulturell überaus wirkmächtige Strategie der Sinnerzeugung, die Abgeschlossenheit signalisiert und Ziel wie Ergebnis des Davorliegenden definiert. Schon historisch tritt das Ende allerdings als polymorphes Phänomen in Erscheinung, dessen nähere Bestimmung eine Herausforderung darstellt. In der vormodernen Kleinepik wird die Frage nach Ein- und Abgrenzung des Endes in besonderer Weise virulent. Hier erweist sich das Ende oftmals als brüchig, da Handlungsende und Schlussgebung gegenläufige Semantiken entfalten. Anhand konkreter Fallbeispiele gehen die Beiträge der Frage nach, ob und auf welche Weise das Ende Abgeschlossenheit herzustellen vermag und wie sich sein ordnungsstiftendes Potential zum Grad seiner Offenheit verhält.
 

Brevitas 2 - Sonderheft BmE: Schlechtes Wetter und Grenzüberschreitungen

Die abstrakte Grenzüberschreitung als strukturelles Moment gerade der vormodernen Kleinepik konkretisiert sich mitunter in schlechtem Wetter. Die eine, liminale Wendung, die kleinepisches Erzählen oftmals bestimmt, manifestiert sich auch im Wetterumschwung, der für die Vormoderne grundsätzlich mehr ist als ein arbiträres, chaotisches Naturphänomen: Wetter – ›schönes‹ Wetter, vor allem aber ›schlechtes‹ Wetter – ist grundsätzlich Medium der Kommunikation zwischen Transzendenz und Immanenz, zwischen Gott und Schöpfung. Wetter ist in diesem Zusammenhang nicht nur per se eine ontologische Grenzüberschreitung, sondern geht – vor allem in Form von ›schlechtem‹ Wetter – oftmals einher mit existenziellen Grenzüberschreitungen auf kreatürlicher Ebene.

Die Beiträge dieses Bandes beleuchten den Zusammenhang von kleinepischem Erzählen und Grenzüberschreitungen, insbesondere im Bereich des Wetters.

Brevitas 1 – Sonderheft BmE: Prägnantes Erzählen

Eine der vormodernen Kleinepik eigene Qualität ist sicherlich ihre Prägnanz, da ist sich die Forschung einig. Was freilich genau unter dieser Qualität zu verstehen ist, bleibt oftmals vage. Die Verständnisweisen von Prägnanz reichen von Auffälligkeit, prägendes Potenzial, Knappheit bis hin zu Inhaltskomplexität, Pointierung oder erst noch zu entfaltende Sinndimension. Im vorliegenden Sammelband werden diese unterschiedlichen Zugangsweisen nicht künstlich eingeebnet. Stattdessen werden unterschiedliche Verständnisse des Phänomens ›prägnantes Erzählen‹ entfaltet und exemplarisch für eine Interpretation der Kleinepik fruchtbar gemacht. Ziel ist es, das interpretative Potenzial des Prägnanz-Begriffs auszuloten und neue methodische Zugänge speziell zur vormodernen Kleinepik zu schaffen.