Kontinuierlich ergänzte Themenhefte
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Der Abendvortrag von Henrike Lähnemann zur BmE-Tagung 'Bibelepik' ist nun auch als Video online:
Eine Vielzahl vormoderner Texte zeugt von intrikaten Verschränkungen des Maritimen mit dem Mehrdeutigen: Ambiguitäts- und Ambivalenzphänomene werden in thalassale Settings ausgelagert, der Meeresraum wird als deren Projektionsfläche funktionalisiert. Ausgehend von dieser erkenntnisleitenden Beobachtung eröffnet das Themenheft vielfältige Perspektiven auf ein Erzählen im Schnittfeld von Meer und Mehrdeutigkeit, indem es danach fragt, wie vormoderne Texte unterschiedlichste Bedeutungspotenziale des Meeres nutzen, nebeneinanderstellen und gegeneinander ins Feld führen, um Uneindeutigkeiten narrativ zu entfalten. Die Spannweite der behandelten Werke reicht dabei vom homerischen Epos, der frühmittelhochdeutschen Dichtung und dem Antikenroman über die Artus- und Heldenepik bis hin zu Fabeln, Legenden und Pilgerberichten.
Die jeweils aktuelle Jahresausgabe wird permanent durch neue Beiträge ergänzt, sobald diese das Peer-Review-Verfahren und den Redaktionsprozess durchlaufen haben. Registrierte Leserinnen und Leser informieren wir über die Veröffentlichung neuer Beiträge per E-Mail. Zum Jahresende wird an dieser Stelle zusätzlich die gesamte Jahresausgabe in einer einzigen PDF-Datei zum Herunterladen zur Verfügung stehen. Themenhefte erscheinen während des Jahres als eigenständige Ausgaben.
Titelbild: Paris, BnF, Latin 1156B, fol. 161v (Ausschnitt), Rennes, ca. 1430 (Quelle: gallica.bnf.fr / BnF)
Erzähltexte des Mittelalters sind geprägt von den Wegen, die ihre Figuren gehen. Diese Wege sind eng mit dem Erleben und Wahrnehmen der Figuren verbunden, bestimmen den erzählten Raum und die Struktur des Textes. Durch die Mobilität der Figuren werden Raum- und Sujet-Grenzen überschritten, Wissen und Erfahrung erweitert und Vorstellungen von Eigenem und Fremdem, von Nähe und Distanz, von Zentrum und Peripherie verhandelt. Dabei sind es selten die geraden, zielgerichteten Wege, sondern vor allem die Umwege, Abwege und Nebenwege, die sich besonders zur narrativen Entfaltung und zur sinnbildlichen Aufladung anbieten. Die Beiträge dieses Sammelbandes verdeutlichen diese narrative Multivalenz erzählter Wege und verorten dabei die untersuchten Texte auch im transkulturellen Erzählen vormoderner Literatur.
Bibelepik ist eine europäische Erzähltradition, die in Spätantike und Mittelalter von zentraler Bedeutung war. Die Beiträge des Themenheftes aus Byzantinistik, Klassischer Philologie, Älteren deutschen Literaturwissenschaft, Romanistik, Niederlandistik und Jiddistischer Literaturwissenschaft öffnen interdisziplinäre Perspektiven auf diesen bislang viel zu wenig beachteten Untersuchungsgegenstand. Lateinische und volkssprachliche Bibelepen gehen nicht nur auf die Bibel sowie auf apokryphe und legendarische Prätexte zurück, sondern sie integrieren auch Erzählformen und literarische Register aus dem antiken Epos, der mittelalterlichen Heldenepik, dem höfischen Roman, der Chronistik, Lehrdichtung, Lyrik und dem geistlichen Spiel. Die konstitutive Hybridität macht die Gattung, so die Leitthese, zu einem besonders produktiven Gegenstand für (narratologische) Untersuchungen zu vormodernen Erzähl- und Rezeptionsweisen.
One of the central features that medieval narratives in the first person have in common is their specific structure. Most of them are not continuously and coherently narrative, but in most cases include long discursive sections or textual elements such as letters, prayers, songs, or dialogues. The classification of these texts as narrative literature is thus anything but self-evident. The contributions to this volume examine how first-person discursivity and narrativity interact in French, German, and Italian narratives, what interrelation exists between the first-person narrative stance and discursivity, and how the literary forms of narrativity and discursivity (each of which is assigned a specific tense, namely the past tense and the present tense) relate to each other.
Cover picture: Pierre Sala, Petit Livre d'Amour (also known as Emblesmes et Devises d'Amour), British Library, Stowe MS 955 (fol. 13r), ca. 1500, Parchment and paper, French/Italian, 130 x 95 mm. By permission of the British Library.
Die Monographie präsentiert und analysiert erstmals die deutsche Heilig-Geist-Literatur von den Anfängen der Überlieferung bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts in gattungsübergreifender Form (bibelepische Erzählungen, Traktate/Predigten, Lieder/Gebete) und mit Hilfe neuerer Metapherntheorien. Die (literarische) Rede vom und zum Heiligen Geist basiert auf einem überschaubaren Kern kognitiver Leitmetaphern, die in konkreten sprachlich-rhetorischen Vollzügen auf verschiedenste Weise wiedergebraucht, ›remetaphorisiert‹, werden, wodurch kreative semantische sowie auf die Lebenswelt der Rezipierenden durchschlagende performative Effekte erzielt werden können. Mit ›Remetaphorisierung‹ ist zudem ein zentrales produktionsästhetisches Verfahren vormoderner geistlicher Literatur gefasst, das sich mit anderen Textherstellungsverfahren eng verbindet (als ›remetaphorisierendes Wiedererzählen‹ in narrativen, als ›remetaphorisierendes Allegorisieren‹ in appellativen Texten und als ›remetaphorisierendes Übersetzen‹ invokativer Texte).
Das Themenheft enthält das Gros der Beiträge der Internationalen digitalen Tagung ›Digitale Mediävistik. Perspektiven der Digital Humanities für die Altgermanistik‹ (9.‑11. Februar 2022), teilweise erweitert und um Diskussionsberichte ergänzt. In sechs Sektionen zu Digitalisierung von Handschriften und frühen Drucken, OCR; Digitaler Edition; Digitaler Infrastruktur und Forschungsdatenmanagement; Repositorien und Datenbanken; Online publizieren und digitale Wissenschaftskommunikation; Stilometrie und Textanalyse wird die Leitfrage nach Anwendungsperspektiven der Digital Humanities in der germanistischen Mediävistik behandelt. Der Band dokumentiert exemplarisch das im Fach durch die Digital Humanities Erreichte ‑ mächtige Textverarbeitungstools, Modellprojekte für digitale Editionen, nützliche Forschungsinfrastrukturen, vielfach nutzbare und zunehmend vernetzte Repositorien und Datenbanken, neue Methoden quantitiver Textanalyse – und benennt Desiderata und Zukunftsperspektiven.
Die Sprachbegabung der Fabeltiere wurde als Indiz eines fiktionalen Erzählens verstanden, das menschliche Verhältnisse überzeitlich im Spiegel unveränderlicher Tiernatur kenntlich werden lässt. Reden, Denken und Handeln der Figuren des vormodernen Tierepos sind jedoch keineswegs im Sinn eines poetischen a priori säuberlich von der lediglich uneigentlichen Zeichenfunktion ihrer stummen, unvernünftigen Animalität zu scheiden, sondern darauf angelegt, das Vertrauen des Menschen auf eine ihm eigene Rationalität und Handlungsmacht zu verunsichern. Im Formenspektrum der Gattung wie in einzelnen Texten wird diese Verunsicherung produktiv: Die Erwartung normbegründender Unveränderlichkeit der Natur entwickelt sich zum Kontrapunkt von Ordnungsentwürfen mit offener Zeitlichkeit; es zeigen sich Szenarien unbestimmbarer Intentionalität, geschichtlicher Wandelbarkeit und krisenhafter Alternativität.
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Titelbild: Paris, BnF, Latin 1156B, fol. 146r (Ausschnitt), Rennes, ca. 1430 (Quelle: gallica.bnf.fr / BnF)
Die abstrakte Grenzüberschreitung als strukturelles Moment gerade der vormodernen Kleinepik konkretisiert sich mitunter in schlechtem Wetter. Die eine, liminale Wendung, die kleinepisches Erzählen oftmals bestimmt, manifestiert sich auch im Wetterumschwung, der für die Vormoderne grundsätzlich mehr ist als ein arbiträres, chaotisches Naturphänomen: Wetter – ›schönes‹ Wetter, vor allem aber ›schlechtes‹ Wetter – ist grundsätzlich Medium der Kommunikation zwischen Transzendenz und Immanenz, zwischen Gott und Schöpfung. Wetter ist in diesem Zusammenhang nicht nur per se eine ontologische Grenzüberschreitung, sondern geht – vor allem in Form von ›schlechtem‹ Wetter – oftmals einher mit existenziellen Grenzüberschreitungen auf kreatürlicher Ebene.
Die Beiträge dieses Bandes beleuchten den Zusammenhang von kleinepischem Erzählen und Grenzüberschreitungen, insbesondere im Bereich des Wetters.
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Titelbild: Paris, BnF, Latin 1156B, fol. 15r (Ausschnitt), Rennes, ca. 1430 (Quelle: gallica.bnf.fr / BnF)
Konrad von Würzburg hat sich wie kein zweiter deutschsprachiger Autor des 13. Jahrhunderts in vielen verschiedenen literarischen Genres betätigt. Das vorliegende Themenheft stellt erstmals in systematischer Weise die Frage nach dem Profil Konrads als Erzähler und nimmt sein Œuvre aus der Perspektive neuerer narratologischer Arbeiten und Erkenntnisse in den Blick. Dazu gehören die viel diskutierten Problemkreise um Möglichkeiten der Unterscheidung zwischen Autor und Erzähler oder zwischen Fiktionalität und Faktualität wie auch ganz grundsätzlich die Frage danach, was Erzählen überhaupt und konkret im europäischen Mittelalter ausmacht. Die Beiträge des Themenheftes wollen mit ihren Fallstudien zum Werk Konrads von Würzburg Ideen und Anstöße zur weiteren Diskussion anbieten.
Das Themenheft verortet sich im Schnittfeld dreier Diskurse mediävistischer Erzählforschung, indem es nach Interdependenzen von ›Zeit‹, ›Rahmen‹ und ›Überschreitung‹ fragt. In den Blick treten u. a. Reibungen zwischen konkurrierenden Modellen erzählter Zeit sowie Kurzschlüsse von Erzählzeit und erzählter Zeit, die jeweils zuvor etablierte Rahmungen zu transgredieren vermögen. Die Beiträge widmen sich einer bisher kaum beachteten Metalepse des ›Erec‹, dem Verhältnis von Zeit und Transzendenz im Kyot-Exkurs des ›Parzival‹, der Transgressivität des Stierwunders in Konrads von Würzburg ›Silvester‹, der Narrativierung von Zeit(enthobenheit) in der Brandantradition und im ›Mönch Felix‹, den Trink- und Ratsheischen der Spielmannsepik sowie Formen und Funktionen anachronistischen Erzählens im ›Scotichronicon‹. In der Zusammenschau unterstreichen sie nicht nur die Vielfalt an Zugängen, sondern insbesondere die text- und gattungsübergreifende Relevanz von ›ZeitRahmenÜberschreitungen‹ im vormodernen Erzählen.
In many European vernacular literatures in the 13th and 16th centuries, texts with remarkable congruities clearly emerge. They are allegorical, their subject is worldly love, and they use the first person as their narrative form. The most popular would be the French ›Roman de la Rose‹, the Italian ›Vita Nuova‹ by Dante or the Spanish ›Libro de buen amor‹. German examples are the ›Minnelehre‹ by Johann of Constance or the anonymous ›Minneburg‹. Until now such texts have been classified as (Dream-) allegories, as courtly love (Minne) speeches, or also as (fictional or stylized) autobiographies. As a result, they have rarely, if ever, been compared with each other. The goal of our conferences is to facilitate interdisciplinary exchanges regarding these texts, especially as concerns poetological, narrative, and allegorical dimensions.
Cover picture: Pierre Sala, Petit Livre d'Amour (also known as Emblesmes et Devises d'Amour), British Library, Stowe MS 955 (fol. 6r), ca. 1500, Parchment and paper, French/Italian, 130 x 95 mm. By permission of the British Library.
This special issue comprises eight studies that deal with Japanese narratives from the tenth to the fifteenth century, including theater and painting, from a narratological point of view, revolving around discourse, character, and time. While narratology provides useful tools for analysis, some theories need to be revised in order to apply to Japanese texts. The papers in this volume contain several such proposals, but their focus lies first and foremost on examining characteristics of premodern Japanese narrative, which—compared to Western (medieval) literature—stands out through its elusive qualities. The special issue is equally aimed at an audience with a background in Japanese Studies and at scholars who take an interest in diachronic and intercultural narratology.
Painting used on the cover taken from: ‘Genji kokagami’ (17th c.), vol. 1, Munich, Bayerische Staatsbibliothek, Cod.jap. 14(1, fol. 17v. For further details on the scene depicted, see the contribution by Midorikawa Machiko in this volume.
Widersprüchliche Figuren sind Figuren, deren textinterne Figurenzeichnung widersprüchlich ist oder die im und als Widerspruch zu textexternen Diskursen und Traditionen entworfen sind. Der Band enthält Fallstudien von Vergil bis zum frühneuhochdeutschen Prosaroman und zur neuzeitlichen Nibelungenrezeption verbunden mit methodischen Überlegungen im Spannungsfeld von Figurennarratologie, Dialogforschung, historischer Anthropologie und Diskursanalyse. Eigenarten mittelalterlich-frühneuzeitlichen Erzählens (vor allem die Transtextualität vieler Figuren und ihre Bindung an Plot oder Script) werden darin ebenso deutlich wie die Notwendigkeit, Epochenklischees zu reflektieren. Die Beiträge laden dazu ein, Widersprüchlichkeit als figurennarratologische Kategorie weiterzudenken.
In der Literatur des Mittelalters sind Hinweise auf besonders lange Tradition ein Ausweis exzeptioneller Qualität. Dies zeigt sich vor allem in Metapassagen mittelhochdeutscher Texte, in denen sich auch Differenziertes zum Status von Wiedererzähler und ‑erzählung findet. Während mittelalterliche Dichter ihre ›Autorschaft von Varianz‹ in reflexiven Passagen von Prologen, Exkursen, Kommentaren oder Epilogen ausstellen, werden Textvariationen, die auf Redaktoren, Kompilatoren, Schreiber, Buchdrucker oder ‑binder zurückzuführen sind, fast nur im Textvergleich sichtbar. Im vorliegenden Tagungsband wird einem noch immer bestehenden Desiderat mediävistischer Erzählforschung begegnend mittelalterliches ›WeiterDichten‹ und ›AndersErzählen‹ anhand ausgewählter Beispiele mit Blick auf den bisherigen Forschungsstand systematisch gefasst.
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Titelbild: Paris, BnF, Latin 1156B, fol. 133r (Ausschnitt), Rennes, ca. 1430 (Quelle: gallica.bnf.fr / BnF)
Triadische Logiken entfalten sich nicht nur auf unterschiedlichsten Beobachtungsebenen und ‑feldern, sondern differieren auch in Explizitheit, Konsequenz und Dynamik, in Dimensionierung, Auswirkung und Zeitlichkeit der ihnen inhärenten Irritation und Ambivalenz. Der Fixierung eines solchen Interesses auf das Ziel einer ›Überwindung‹ binären Denkens hin ist daher eine analytische Offenheit vorzuziehen. Diese vermeidet auch historisch die Fixierung eines ›Siedepunkts‹, an dem erst von ›eigentlicher‹ Drittheit die Rede sein könne. Das vorliegende Themenheft befasst sich mit personalen Figuren des Dritten in vormodernen Texten und ihrer narrativen Produktivität: mit triangulären, seriell entfalteten Eifersuchtskonstel- lationen im ›Trojanerkrieg‹, mit einer Rivalenfigur im ›Reinfried von Braunschweig‹, deren axiologische Ambivalenz auch die Erzählerstimme erfasst, und schließlich mit dem Erzähler als Figur des Dritten im ›Parzival‹, der mit unterschiedlichen textästhetischen Strategien die duale Struktur des Zweikampfs aufbricht.
Eine der vormodernen Kleinepik eigene Qualität ist sicherlich ihre Prägnanz, da ist sich die Forschung einig. Was freilich genau unter dieser Qualität zu verstehen ist, bleibt oftmals vage. Die Verständnisweisen von Prägnanz reichen von Auffälligkeit, prägendes Potenzial, Knappheit bis hin zu Inhaltskomplexität, Pointierung oder erst noch zu entfaltende Sinndimension. Im vorliegenden Sammelband werden diese unterschiedlichen Zugangsweisen nicht künstlich eingeebnet. Stattdessen werden unterschiedliche Verständnisse des Phänomens ›prägnantes Erzählen‹ entfaltet und exemplarisch für eine Interpretation der Kleinepik fruchtbar gemacht. Ziel ist es, das interpretative Potenzial des Prägnanz-Begriffs auszuloten und neue methodische Zugänge speziell zur vormodernen Kleinepik zu schaffen.
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Titelbild: Paris, BnF, Latin 1156B, fol. 171r (Ausschnitt), Rennes, ca. 1430 (Quelle: gallica.bnf.fr / BnF)
Das Themenheft dokumentiert die Abschlusstagung des von 2014 bis 2017 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Netzwerkes ›Medieval Narratology: Formen und Funktionen mittelalterlichen Erzählens‹. Im Zentrum der Beiträge stehen die ›großen‹ Themen: Welche Rolle spielt Unzuverlässigkeit im mittelalterlichen Erzählen, inwiefern ist Erzählen ›wahrscheinlich‹ bzw. von Parametern des (Un-)Wahrscheinlichen geprägt? In welchem Maße lässt sich das Erzählen in Schemata als produktiver Prozess fassen? Die hier weitergeführten mediävistischen Debatten werden zudem von der Komparatistin Karin Kukkonen und dem Medienwissenschaftler Stephan Packard aus kritisch-distanzierter Perspektive kommentiert.
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Titelbild: Buchstabenernte, Paris, BnF, Latin 1156B, fol. 135r, Rennes, ca. 1430 (Quelle: gallica.bnf.fr / BnF)
Die Beiträge des Themenheftes verstehen sich als Vorstoß zur Sondierung eines bislang erstaunlich wenig beachteten Zusammenhangs. Anhand von Fallbeispielen vom 13. bis zum 17. Jahrhundert, Texten für den Schulgebrauch ebenso wie Dichtungen, und sowohl von der Mathematik als auch vom literarischen Erzählen selbst ausgehend beleuchten sie Beziehungen zwischen Erzählen und Rechnen bis hin zur Frage, ob der Zusammenhang von Er-Zählen und Rechnen nicht womöglich überhaupt als Paradigma historischer Narratologie gelten kann. So sollen erste Eindrücke von der Vielfalt der Anknüpfungspunkte, die eine Diskussion der Thematik haben könnte (und müsste), gegeben werden und zugleich Impulse, diese Diskussion weiter voran zu treiben.
Was bedeutet es, wenn bei Exempeln, Fabeln, Schwänken oder ›Mären‹ die moralisatio quer zum Erzählten steht, wenn die Auswertung dem erzählten Beispielfall widerspricht, ihn subversiv unterläuft, wenn einer vielschichtigen Geschichte eine banale Moral zur Seite gestellt wird oder wenn die Moral schlicht nicht nachvollziehbar ist – wenn also Erzählen und Didaxe nicht zusammenspielen, sondern auf ihrem Eigensinn beharren und ihren je eigenen Geltungsanspruch haben? Solchen und ähnlichen Widersprüchen zwischen ›Erzählen mit didaktischem Anspruch‹ und vermittelter Moral spüren die Beiträge des Themenheftes nach, um zu zeigen, wie aus den Spannungen und Diskrepanzen zwischen erzählter Geschichte und lêre fruchtbare strukturelle Offenheit und Multiperspektivität entstehen.
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Die ›Beiträge zur mediävistischen Erzählforschung‹ erscheinen online im Verlag University of Oldenburg Press unter der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-ND 4.0, d. h. die in ihr publizierten Beiträge dürfen unverändert zu nicht-kommerziellen Zwecken unter Angabe von Autor und Publikationsort weitergegeben und veröffentlicht werden.
Herausgeber: Prof. Dr. Anja Becker (Bremen) und Prof. Dr. Albrecht Hausmann (Oldenburg)
Kontakt: herausgeber@erzaehlforschung.de - Internet: - www.erzaehlforschung.de
ISSN 2568-9967