CfP: BmE-Panel beim Germanistentag 2025 "Dialog und Narrativierung in der Liebeslyrik des Mittelalters"
Call for Paper für das BmE-Panel beim Germanistentag 2025:
Dialog und Narrativierung in der Liebeslyrik des Mittelalters
(Organisation Prof. Dr. Anja Becker und Prof. Dr. Albrecht Hausmann)
In aktuellen Publikationen wie dem „Handbuch Minnesang“ wird, in Abkehr von einem auf die monologische Kanzone des Hohen Sangs verengten Fokus, zu Recht der Facettenreichtum der deutschsprachigen Liebeslyrik des Mittelalters betont. Gar nicht so selten integrieren die Lieddichter dialogische Elemente, wodurch die lyrische Situation eine Narrativierung erfährt: Retrospektiv berichtet das Sänger-Ich selbst vom Gespräch mit seiner Minnedame oder ein am Geschehen unbeteiligter Sänger, der dann die Rolle des heterodiegetischen Erzählers übernimmt, erzählt von einem dialogischen Austausch, der zudem in eine Szenerie und/oder in weitere Handlung eingebettet sein kann. Besonders deutlich treten Verschränkungen von Dialog und Narration freilich in den sog. genre objectif (Erzähl- und Dialoglied, Tagelied und Pastourelle) hervor, aber auch den Mannesliedern des Hohen Sangs kann eine implizite Dialogik inhärent sein, wenn in ihnen das männliche Ich mit sich selbst verschiedene Aspekte der eigenen Existenz diskutiert. In der mündlich vorgetragenen Lieddichtung des Mittelalters stehen Dialoge zudem in einem spannungsreichen Verhältnis zur Präsenzsuggestion, die mit dem Auftritt eines Sänger-Ichs verbunden ist. Wie verhält sich das „Miteinander-sprechen“ von Zweien im Text dazu, dass doch zugleich und genau „jetzt“ in der Aufführung des Liedes ein Sänger zu seinem Publikum spricht?
Das Panel interessiert sich für dialogische Elemente in der deutschen Liebeslyrik des Mittelalters und für die von ihnen hervorgerufenen Narrativierungen bzw. für Interaktionen zwischen Erzählen und Miteinander-Reden im Modus des Sanges. Was wird in den Liedern überhaupt warum miteinander besprochen und in welcher Form? Was leistet der Dialog in verschiedenen lyrischen Gattungen? Wie verhalten sich in sowohl dialogisch als auch narrativ gestalteten Liedern poetologische und mediale Aspekte zueinander? Und andererseits: Was bedeutet der Verzicht auf den (direkten) Dialog zwischen Mann und Frau im Wechsel oder im Botenlied, aber auch in der hochminnesängerischen Kanzone, die sich häufig als Ansprache an die Dame inszeniert und doch nie beantwortet wird? Lässt sich im Zeitverlauf eine zunehmende Narrativierung der Lyrik beobachten, für die dialogische Elemente signifikant sind? Methodisch könnten gleichermaßen rezente Ansätze der Dialogforschung wie auch der historischen Narratologie aufgegriffen und für die Applikation auf lyrische Texte (weiter) erprobt werden.
Wir freuen uns auf Vorschläge für Kurzvorträge (15 Minuten), die sich vor allem als Anregungen für die Diskussion im Panel-Plenum verstehen. Um diese auf eine solide Basis zu stellen, veröffentlichen wir vorab von den Vortragenden eingereichte Materialien und/oder ausführlichere Fassungen der Kurzvorträge („Preprints“) auf der Homepage der Online Zeitschrift „Beiträge zur mediävistischen Erzählforschung“ (BmE, www.erzaehlforschung.de), so dass sich alle Panelteilnehmer*innen informieren können. Die Publikation der ausgearbeiteten Beiträge ist dann im BmE Jahresheft 2026 geplant.
Bitte reichen Sie Ihr Vortragexposé mit Titel, Kurzbeschreibung und Ihrer Anschrift bis zum 31.07.2024 ein, indem Sie es an herausgeber@erzaehlforschung.de oder anja.becker@uni-bremen.de mailen. Der 28. Deutsche Germanistentag findet vom 14.–17. September 2025 an der TU Braunschweig zum Thema „Dialog“ statt.